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Europäisches Parlament – Briefing: Auswirkungen der drahtlosen 5G Kommunikation auf die menschliche Gesundheit

Derzeit nicht möglich ist, 5G-Emissionen in der realen Welt genau zu simulieren oder zu messen

Der Wissenschaftliche Dienst (EPRS) des Europäischen Parlaments hat eine Dokumentation zu den Auswirkungen von 5G auf die menschliche Gesundheit veröffentlicht. Der EPRS ist der interne Forschungsdienst und die hauseigne Denkfabrik des Europäischen Parlaments. Er versorgt die Mitglieder und gegebenenfalls die Ausschüsse des Europäischen Parlaments mit unabhängigen, objektiven und zuverlässigen Analysen und Forschungsarbeiten zu politischen Themen im Zusammenhang mit der Europäischen Union, um sie bei ihrer parlamentarischen Arbeit zu unterstützen.

Aus der Dokumentation:

Effects of 5G wireless communication on human health
Auswirkungen der drahtlosen 5G Kommunikation auf die menschliche Gesundheit

ZUSAMMENFASSUNG

„Die als 5G bezeichnete fünfte Generation der Telekommunikationstechnologien ist ein grundlegendes Element zur Verwirklichung einer europäischen Gigabit-Gesellschaft bis 2025.

Das Ziel, alle städtischen Gebiete, Schienenstrecken und Hauptverkehrsstraßen mit ununterbrochener drahtloser Kommunikation der fünften Generation zu versorgen, kann nur durch den Aufbau eines sehr dichten Netzes von Antennen und Sendern erreicht werden. Somit wird die Anzahl der Basisstationen und anderer Geräte mit höherfrequenten Signalen deutlich zunehmen.

Vor dem Hintergrund, dass höhere Frequenzen und Milliarden zusätzlicher Verbindungen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge eine Dauerexposition der gesamten Bevölkerung einschließlich der Kinder bedeuten, wirft dies die Frage auf, ob negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu erwarten sind. Zwar geht die Forschung allgemein davon aus, dass solche Funkwellen keine Gefahr für die Bevölkerung darstellen, jedoch fehlen bislang Untersuchungen zu der Dauereinwirkung, die sich aus der Einführung von 5G ergeben würde. Dementsprechend ist ein Teil der Wissenschaftsgemeinde der Ansicht, dass die möglichen negativen biologischen Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern (EMF) und 5G weiter erforscht werden müssen, insbesondere was die Häufigkeit des Auftretens einiger schwerer Krankheiten beim Menschen anbelangt. Eine weitere Überlegung geht dahin, dass Forscher aus verschiedenen Disziplinen, insbesondere aus Medizin und Physik oder Ingenieurwissenschaften, zusammengebracht werden sollten, um die Auswirkungen von 5G weiterführend zu untersuchen.

Die aktuellen Bestimmungen der EU zur Exposition gegenüber drahtlosen Signalen, die Empfehlung des Rates zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz – 300 GHz), sind mittlerweile 20 Jahre alt und sind daher nicht auf die spezifischen technischen Merkmale von 5G anwendbar.“

(…)

Wie geht es weiter mit 5G?

„Was die Wirtschaft in Europa dringend braucht, sind Erholung und eine Spitzenposition bei der Einführung digitaler Technologien sowie anhaltendes Wachstum. Allerdings ist es auch notwendig, die möglichen negativen Begleiterscheinungen zu berücksichtigen. Bezüglich der wirtschaftlichen Aspekte von 5G liegen auf dem Weg zur Verwirklichung einer „Gigabit-Gesellschaft“ viele Herausforderungen. So hat die Industrie beispielsweise Bedenken, ob die Pläne für die kommerzielle Einführung von 5G angesichts der technischen Komplexität und der notwendigen Investitionen im Jahr 2020 umgesetzt werden können.

Andere Bedenken beziehen sich darauf, ob eine ausreichende Nachfrage nach 5G erzeugt werden kann, oder auf Aspekte der Unbedenklichkeit und Gesundheit, Sicherheit und Umweltverträglichkeit. Diese Bedenken erfordern die Sensibilisierung und einen Konsens einer breiteren Öffentlichkeit, was jedoch angesichts der womöglich schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und der unvermeidlichen Dauerexposition der Bevölkerung in einer 5G-Umgebung in doppelter Hinsicht kritisch ist.

Die aktuelle wissenschaftliche Literatur zeigt, dass dauerhaft einwirkende drahtlose Strahlung wahrscheinlich biologische Auswirkungen hat, was für die speziellen Merkmale von 5G in besonderer Weise zutrifft: die Kombination aus Millimeterwellen, einer höheren Frequenz, der Anzahl der Sender und der Anzahl der Verbindungen. Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass 5G die Gesundheit von Menschen, Pflanzen, Tieren, Insekten und Mikroben beeinträchtigen würde – und dass bei 5G ein vorsichtiger Ansatz angebracht wäre, da es sich um eine nicht getestete Technologie handelt.

In der Allgemeinen Erklärung  der Menschenrechte der Vereinten Nationen, der Schlussakte von Helsinki und anderen internationalen Verträgen wird anerkannt, dass im Vorfeld von Maßnahmen, die die menschliche Gesundheit beeinträchtigen könnten, die Zustimmung nach  Inkenntnissetzung  ein  wesentliches,  grundlegendes Menschenrecht ist, das noch brisanter wird, wenn es um die Exposition von Kindern und Jugendlichen geht.

In einiger Hinsicht existieren in der Wissenschaft unterschiedliche Auffassungen, was die möglichen negativen Auswirkungen von EMF-Exposition und 5G anbelangt. Da Experten selten über komplementäres Wissen in Physik oder Ingenieurwesen und Medizin verfügen, könnte eine umfassendere wissenschaftliche Fachkompetenz dadurch erzielt werden, dass Forschungsteams mit Expertise in allen relevanten Disziplinen gebildet werden.

Von einigen Experten wurde die Glasfasertechnologie als sichere Alternative zu 5G vorgeschlagen, da das Signal dabei auf die Faser beschränkt bleibt. Ihre Leistungsfähigkeit ist deutlich höher als die von 5G. Glasfaser- und Drahtlostechnologie unterscheiden sich grundlegend voneinander. Die Investitionen in Glasfasertechnologien lassen sich im Nachhinein auf höhere Geschwindigkeiten aufrüsten, während bei drahtlosen Technologien das gesamte System umgebaut werden muss.

Einer Studie zufolge, die sich mit dem Stand bei der Einführung von 5G in Europa, den USA und  Asien befasst und die 2019 im Auftrag des Europäischen Parlaments erarbeitet wurde, ist langfristig angelegte Technologieforschung unerlässlich. Ein wesentliches Problem seien die ungewöhnlichen Ausbreitungsphänomene, insbesondere die Steuerung und Messung hochfrequenter EMF- Exposition in Verbindung mit MIMO (Multiple Input Multiple Output) und den von Handgeräten und Basisstationen verwendeten Millimeterwellenfrequenzen. Ausgehend vom  derzeitigen Wissensstand (auf der Grundlage früherer Generationen der Mobilfunktechnik) stelle die Technologie sowohl für Zulieferer als auch für Normungsorganisationen, die Spezifikationen in künftige 5G-Normen aufnehmen müssen, eine Herausforderung dar.

Der Studie zufolge besteht das Hauptproblem vermutlich darin, dass es derzeit nicht möglich ist, 5G-Emissionen in der realen Welt genau zu simulieren oder zu messen.

Um die potenziellen Mechanismen der möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von EMF besser zu verstehen und das Ausmaß der Exposition der Bevölkerung zu bestimmen, wurde 2014 das Projekt GERoNiMO (Generalised EMF Research using Novel Methods) ins Leben gerufen, das aus dem siebten Forschungsrahmenprogramm der EU finanziert wurde und sich mit einschlägigen Fragen zu EMF und Gesundheit befasste. Im Rahmen dieses Projekts wurde ein integrierter Ansatz vorgeschlagen, bei dem epidemiologische Studien, Verfahren zur Expositionsbewertung, mechanistische und Tiermodelle sowie Expertennetzwerke, die nach Möglichkeit neue Methoden anwenden, zum Einsatz kommen sollten. Das Projekt endete im Jahr 2018.

Die Europäische Kommission hat bisher noch keine Studien zu den potenziellen Gesundheitsrisiken der 5G-Technologie durchgeführt.

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